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gedeckte Arbeitsplatte mit Geschirrtuch, einer Packung Eier und einem Foto von Vanillekipferl

Vanillin aus der Holzindustrie – Womit backen wir da eigentlich?

Erst letzte Woche verbrachte die Weihnachtszeit jeder auf seine eigene Art und Weise, wobei man im Rahmen des allseits bekannten „Vorweihnachtsstresses“ aber nicht nur das traute Heim festlich schmückt, Geschenke besorgt und eventuell herzliche Weihnachtskarten schreibt  – zur alljährlichen Tradition zählt auch in vielen Haushalten das Backen. Das Backen von Kipferln, Plätzchen, Makronen, Apfelbrot, Früchtebrot, Zimtsterne oder vom altbekannten Stollen erfordert die Zugabe von Vanille oder Vanillin.

rausgerissenes Blatt Papier mit Bild von ausgerollten und ausgestochenen PlätzchenteigDoch was versteckt sich eigentlich hinter Begriffen wie Vanillin oder Vanillearoma und was in aller Welt hat das alles mit der Holzindustrie zu tun? Im folgenden Beitrag erfahren Sie, woraus Vanille gemacht wird und welche Einfälle die Lebensmittelindustrie hat, um den Geschmack von Vanille künstlich zu erzeugen, damit dieser für den Ottonormalverbraucher erschwinglich ist und der enorme Appetit nach dem Vanillegeschmack überhaupt gedeckt werden kann. Mal ehrlich, hätten Sie ansatzweise vermutet, dass Holz unabdingbar für unsere Vanille-Geschmackserlebnisse ist?

Der Ursprung des Vanille-Vanillins  

Echte Vanilleschoten, die das Vanille-Gewürz liefern, stammen von einer tropischen Orchideen-Art, die hauptsächlich auf Madagaskar und im Dschungel von La Réunion angebaut wird. Die Insel La Réunion liegt neben Mauritius im indischen Ozean und hieß bis zur französischen Revolution Ile Bourbon, woher die Bourbon-Vanille ihre Bezeichnung hat. Es handelt sich bei besagter Orchidee um das einzige Orchideengewächs, welches zu unserer menschlichen Ernährung beiträgt. Der bekannte Duftstoff von Vanille dient für die Pflanze vermutlich als Lockmittel oder auch als eine Belohnung für die Bestäuber, wobei wir heutzutage den Geruch von Vanille ebenfalls sehr schätzen.

rausgerissenes Blatt Papier mit Foto einer VanilleblüteDie Pflanze mit dem wissenschaftlichen Namen Vanilla Planifolia ist aber dort nicht heimisch, denn sie kam zunächst nur in Mittelamerika vor. Später, circa ab 1800, wurde sie auch andernorts angepflanzt, sodass die Blüten von Hand bestäubt werden müssen – ein aufwändiges Verfahren, wodurch echte Vanille mitunter richtig teuer werden kann. 1841 wurde das Prozedere der künstlichen Befruchtung entdeckt. Man verließ sich von nun an nicht mehr schlichtweg auf die natürliche Pollenübertragung, sondern erreichte mit der manuellen Verfahren eine höhere Ernte der Früchte der Orchidee Vanilla Planifolia, deren Ertrag bis dahin sehr knapp war. Der weltweite Appetit nach dem Vanillegeschmack kann auf diese Art und Weise dennoch nicht ansatzweise gedeckt werden.

Dieser Umstand trieb die Preise für Vanille-Schoten enorm in die Höhe. Echte Vanille ist neben dem bekannten Safran das zweitteuerste Gewürz auf dieser Welt. Die wenigsten Vanilleprodukte enthalten tatsächlich das Mark der echten Vanilleschoten. Im Alltag wird zumeist auf Ersatzstoffe zurückgegriffen.

Unterschiede zwischen Vanille, Vanillin und Vanillearoma

Der leckere Geschmack und die teure Herstellung echter Vanille erforderte demnach die Suche nach günstigeren Alternativen. Erfolgreich: Der Vanillegeschmack ist bei den Menschen so beliebt, dass allein für die synthetische Vanille bis zu 12.000 Tonnen des Aromastoffes „Vanillin“ jährlich verbraucht werden. Vanillin stellt eigentlich den Hauptbestandteil des natürlichen Vanilleextrakts dar. Mittlerweile wird Vanillin mit unterschiedlichen Verfahren bestenfalls „natürliches Vanillin“ auf biotechnologische Weise hergestellt- dazu später mehr.

rausgerissenes Blatt Papier mit Foto einer rückseitigen Vanillinverpackung Beim Einkaufen trifft man auf viele Angaben, die den Geschmack von Vanille implizieren: Doch worin liegen eigentlich die Unterschiede zwischen Vanille, Vanillin und Vanillearoma?  Bei Lebensmitteln, die echte Vanille enthalten, finden Sie auf der Zutatenliste „Vanilleschoten“oder „Vanille“. Bei „natürlichen Vanillearomen“ können Sie davon ausgehen, dass es sich hierbei um Extrakte handelt, die nur aus Vanilleschoten hergestellt werden und deren aromatisierende Bestandteile zur Abrundung natürlich und mindestens zu 95% aus dem natürlichen Vanillearoma sein müssen. Ist dies nicht gegeben, bringen Hersteller die Kennzeichnung „natürliches Vanillearoma mit anderen natürlichen Aromen“ auf der Zutatenliste an.

Biotechnisch erzeugte Vanillearomen wie beispielsweise das oftmals beim Backen verwendete Vanillin hingegen werden auf den Zutatenangaben von Lebensmitteln als „natürliches Aroma“ deklariert. Die Angabe „Bourbon-Vanille“ zeugt beispielsweise davon, dass wirklich die echte Vanille im Produkt enthalten ist.

Vanillin – natürliches Aroma kostengünstig für jedermann

Das sogenannte Vanillin findet natürlich nicht nur beim häuslichen Backen Verwendung. Es versteckt sich in viel mehr Lebensmitteln, als wir denken. Nicht nur der bekannte Vanille-Pudding, auch Milchreis, Tee, Dessert-Soßen, Limonaden, alkoholische Getränke, als auch Seifen und Shampoos sind mit dem als „natürliches Aroma“ gekennzeichneten Vanillin versetzt.

rausgerissenes Blatt Papier mit Foto von trocknenden Vanilleschoten Der Begriff Vanillin kommt von dem spanischen Vainilla und bedeutet soviel wie kleine Schote, aber so richtig passt die Bezeichnung eigentlich nicht. Vanillin oder Vanillearoma haben mit der tropischen Orchidee nichts mehr zu tun. Natürliches Vanillin kann zwar aus der bekannten Vanilleschote extrahiert werden, aber das ist sehr teuer und reicht auch lange nicht aus, um den weltweiten Bedarf abzudecken. Zum einen gibt es das durch biotechnologische Verfahren hergestellte „natürliche Vanillin“, welches durch den Einsatz von Schimmelpilzen und Bakterien erzeugt wird. Zum anderen wird das sogenannte „naturidentische Vanillin“ äußerst kostengünstig über synthetische Prozesse erzeugt.

Natürliches Vanillin kostet circa 50 bis 100 Mal mehr als das synthetische Vanillin, welches uns überall begegnet. Synthetisches Vanillin macht daher über 90 % des weltweit eingesetzten Vanillins aus.

Aber für die großen Liebhaber unter uns ist auch klar, dass synthetisches Vanillin nicht annähernd so gut riecht oder sogar schmeckt wie die echte Bourbon-Vanille. In der echten Vanille – gewonnen aus der tropischen Orchidee – sind nämlich etwa 170 weitere Begleitstoffe enthalten, die erst den richtigen Geschmack ausmachen. Neben dem natürlichen Vanillin finden sich in der echten Vanille nämlich noch Zucker, Fett, Cellulose, Mineralstoffe und ein vergleichsweise hoher Wassergehalt.

Unser Verlangen nach dem Vanillegeschmack könnte allein mit der natürlichen Vanille gar nicht gedeckt werden, weshalb Hersteller auf Vanillin zurückgreifen müssen, um den Verbraucherwünschen gerecht zu werden. Schon allein weil der Verbraucher sehr viel Wert auf günstige Preise und einen hohen Konsum legt, hat sich der Einsatz des synthetischen Vanillins durchgesetzt. Dazu zählen zum Beispiel Piperonal, das Waldmeisteraroma Cumarin und das synthetische Ethylvanillin. Ethylvanillin, schmeckt zwei- bis viermal intensiver und kommt aus Kostengründen mittlerweile am häufigsten zum Einsatz – werfen Sie öfter mal einen Blick auf die Verpackungsangaben und Ihnen wird mit der Zeit auffallen, wie oft „unechte Vanille“ in Form von Ersatzstoffen wird.

Die Holzindustrie – Lieferant für Vanillin unser aller Vanillegeschmackserlebnis

Das auf synthetische Weise produzierte „naturidentische“ Vanillin, welches uns wie bereits festgestellt in den unterschiedlichsten Lebensmitteln begegnet und zur Verfeinerung von Geschmackserlebnissen verwendet wird, wird nüchtern betrachtet aus Holzabfällen der verarbeitenden Holzindustrie hergestellt. So werden beispielsweise die Abfälle bei der Papierherstellung verwendet, um das Vanillegeschmackserlebnis kostengünstig für die Verbraucher zu realisieren.

rausgerissenes Blatt Papier mit Foto einer Holzscheibe und Lignin-FormelDas Holz der Bäume nimmt demnach neben seiner Rolle als erneuerbare Energiequelle beim Heizen, als Ausgangsstoff für Möbel und Papier auch eine Rolle in der Lebensmittelindustrie ein, auf die wohl viele von uns ungern verzichten wollen würden.

Doch anders als bei der Herstellung des Papieres, benötigt man zur Herstellung von Vanillin nicht den weichen Cellulose-Bestandteil des Holzes, sondern den harten Holzbestandteil, das sogenannte Lignin. Aus dem holzeigenen Stoff Lignin lässt sich kostengünstig und in hohen Mengen das sogenannte Vanillin gewinnen – aus 100 kg Holzresten können 3 kg des Aromas gewonnen werden. Dafür wird das Lignin in einem chemischen Verfahren aufgespalten, woraufhin Vanillin als Reaktionsprodukt entsteht.

Besonders in Nordamerika greift man zu dem Edukt Ligninsulfonsäure, welches im bereits beschriebenen Holzaufschlussverfahren unter der Beteiligung von Schwefelverbindungen entsteht.

Lignin findet Verwendung in der Holz- als auch Lebensmittelindustrie

Wir kannten Lignin bisher als unabdingbaren Stoff, der zur Herstellung von Pellets verwendet wird und dort als Bindemittel fungiert. Es ist schon sehr interessant, dass uns das aus Holz gewonnene Lignin auf der einen Seite zur Befeuerung unserer Pelletöfen dient und auf der anderen Seite für unsere Gaumenfreuden genutzt wird. Lignin stellt wie bereits erwähnt das Ursprungsprodukt vom synthetischen Vanillin dar, einem Ersatzprodukt für die natürliche Vanille oder das natürlich gewonnene Vanillin. Das heißt ohne den holzeigenen Stoff könnten wir heute nicht vom besonderen Aroma der Vanilleschote profitieren – also nicht in der Menge und auch nicht zu dem erschwinglichen Preis.


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